Die jüngst gezahlten hohen Kaufpreise bei Unternehmensakquisitionen wecken Erinnerungen an die M&A-Rekordjahre 2000 und 2007. Entwickelt sich am Markt für Fusionen und Übernahmen erneut eine große Blase, die eventuell zu platzen droht?
Seit Jahresbeginn überschlagen sich die Meldungen; ein großer Deal jagt den anderen. Weltweit sind im ersten Quartal 2015 die Transaktionsvolumina um etwa 10% gestiegen. Doch auch wenn seit Jahresanfang die Zahl der abgeschlossenen Deals nicht wirklich spürbar angezogen hat, erreichen die Bewertungen in vielen Branchen absolute Höchststände. Dies gilt etwa für Healthcare- und Internetunternehmen.
Illustre Beispiele wie der Verkauf der Siemens Audiology Solutions an EQT oder die Fusion der amerikanischen Lebensmittelkonzerne Kraft und Heinz zeigen, dass ebenfalls in weniger wachstumsstarken Sektoren zweistellige EBITDA-Multiplikatoren gezahlt werden. So lässt sich zum Beispiel für den Buyout der Siemens-Hörgerätesparte bei einem Kaufpreis von gut 2 Mrd. EUR ein EBITDA-Multiplikator von 14,8 ableiten. Und die von Starinvestor Warren Buffet kontrollierte Heinz-Gruppe übernimmt Kraft sogar zu einem Wertansatz in Höhe des etwa 23-fachen EBITDAs!
Handelt es sich hierbei um Anzeichen, die auf eine M&A-Blase hindeuten? Nein, aus unserer Sicht sind die vermeintlich hohen Kaufpreise fundamental nachvollziehbar und aus Investorensicht durchaus vertretbar.
Das weltweit günstige Wirtschaftsklima, die Geldpolitik der Notenbanken und haussierende Aktienmärkte begünstigen das aktuelle M&A-Umfeld. Zudem stehen viele Firmen unter Druck, die angehäuften Barmittel gewinnbringend zu investieren. Die enormen Cash-Bestände in den Konzernbilanzen und bei Finanzinvestoren heizen die Konkurrenz um die wenigen verfügbaren Zielunternehmen weiter an. Im Ergebnis trifft eine sehr große Nachfrage auf ein nur überschaubares Angebot an verfügbaren attraktiven Zielunternehmen. Dieses Ungleichgewicht treibt die Kaufpreise stark nach oben.
Eine ähnliche Preisentwicklung ist an den Aktienmärkten festzustellen: Gemäß Bloomberg werden aktuell etwa die DAX-30-Unternehmen im Durchschnitt mit einem KGV von ca. 22 und mit einem EBITDA-Multiplikator von über 15 bewertet. Angesichts der historisch niedrigen Verzinsung von Staatsanleihen haben sich auch die Renditeforderungen der Investoren und Großkonzerne signifikant nach unten angepasst – für Unternehmensbewertungen werden deutlich geringere Diskontierungssätze als noch vor einigen Jahren zugrunde gelegt. Bei Industriekonzernen pendelt sich der Kapitalkostensatz derzeit bei 9–10% ein, und viele Finanzinvestoren begnügen sich heute mit Renditen von 15–20% statt wie bisher 25%. Vor diesem Hintergrund erscheinen die gezahlten EBITDA-Multiplikatoren bei M&A-Deals keineswegs überzogen.
Dass der Markt nicht überhitzt ist, zeigt im Übrigen auch die Tatsache, dass es im Gegensatz zu den Hype-Phasen 2000 und 2007 keine schnellen Deals gibt. Im Gegenteil, Käufer agieren in den Due Diligence-Prozessen überaus sorgfältig und lassen sich bei Bieterverfahren nicht unter Zeitdruck setzen.
Quelle: Herr Dr. Michael Drill, Lincoln International
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